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Axel Voss - Freier Journalist

Aus meinen Arbeitsproben

Kultserien in Fernsehen. Heute: Nummer 6

 Erschienen 2003 als Folge einer mehrteiligen Reihe in der Rheinpfalz

Bei Rauch Gefahr

Hätten Franz Kafka oder George Orwell das Drehbuch für eine Fernseh-Serie der 60er schreiben sollen, dann wäre etwas ähnliches wie “The Prisioner” entstanden, die Serie, die bei uns unter dem Namen “Nummer sechs” über die Bildschirme flimmerte.
Das war schon starker Tobak, was die Fernsehbosse dem Publikum im Sommer 1968 zumuteten. Was damals für Fernsehserien thematisiert wurde, ließ sich überwiegend in fünf Kategorien einteilen: Familiendramen, Kriminalfälle, Wild-West, Science Fiction und Tiere mit hohem Intelleigenzquotienten. Manchmal war es auch eine Kombination dieser Genres. “Nummer sechs” dagegen ließ sich in keine Schublade packen.
Was passiert? Im Vorspann jeder Episode erleben wir, wie ein Spion (Patrick McGoohan) in einem Lotus Super Seven über die Autobahn rast. Kurze Zeit später ist der Spion am Ziel:.bei seinem Vorgesetzten, dem er wütend Papiere auf den Schreibtisch wirft, seinen Dienst quittiert. Anschließend fährt er nach Hause. Ein Leichenwagen folgt ihm! Unser Held betritt sein Heim und beginnt eine Reisetasche zu packen. Plötzlich zischt ein weißes, dampfendes Gas durchs Schlüsselloch. Unserem Helden wird schwindelig, er taumelt und verliert das Bewußtsein. Als unser Held, dessen Namen wir übrigens im Verlauf der gesamten Serie nicht erfahren, wieder aufwacht, befindet er sich noch im selben Zimmer. aber das Zimmer liegt samt Gebäude an einem anderen Ort! Hübsch sieht er aus, dieser Ort. Helle freundliche Häuser im mediterranen Stil, gepflegte Grünanlagen mit üppig blühenden Blumen. Die Bewohner grüßen einander mit dem merkwürdigen Satz “Wir seh’n uns.”.
In jeder Epiode trifft unser Held auf einen geheimnisvollen Mann, der sich Nummer zwei nennt (in jeder Folge von einem anderen Darsteller gespielt) und mit dem sich folgender Dialog entspannt, denn unser Held möchte natürlich gern wissen wo er ist.
“Wo bin ich?” – “Sie sind da!” – “Was wollen Sie von mir?” – “Informationen!” – “Auf wessen Seite sind Sie?” – “Wir sind auf der richtigen Seite. Wir wollen Informationen.” - “Ich sage nichts!” – “Früher oder später werden Sie sprechen.” – “Wer sind Sie?” - “Die neue Nummer zwei.” – “Wer ist Nummer eins?” – “Sie sind Nummer sechs.” – “Ich bin keine Nummer, ich bin ein freier Mensch.” Nach seinem letzten Satz tönt dem Helden nur ein höhnisches Gelächter entgegen. “Ha, ha , ha.”
In der Tat scheint es mit der Freiheit an diesem Ort, dessen Namen wir während aller Episoden nicht erfahren, er heißt einfach Village, nicht weit her zu sein. Man kann diesen Ort nicht verlassen. Versucht man es, taucht plötzlich, wie von Geisterhand gesteuert, ein großer Ballon auf. Nein, nicht durch die Luft, wie man es von einem veritablen Ballon erwartet. Der in “Nummer sechs” als Wächter fungierende Ballon rollt tanzend über den Boden und macht Flüchtlingen, die partout nicht bleiben wollen, den Garaus durch Ersticken.
Indes geht der Herrscher des Ortes mit den Bewohnern, die bleiben wollen, höchst fürsorglich um. Das geht sogar so weit, dass sie über Lautsprecher verkünden, dass die heute verfügbare Eissorte Erdbeergeschmack habe.
Aber die Herrscher des Ortes wollen auf Biegen und Brechen herausfinden, warum unser Held seinen Job gekündigt hat. Dabei greifen sie zu Psychospielchen, Gehirneingriffen und ähnlichen Mätzchen. Vergeblich. Unser Held ist hartnäckig wie ein Gerichtsvollzieher und versucht mit allen erdenklichen Tricks herauszubekommen, wer denn Nummer eins sei. Diese Identität wird in der letzten Episode gelüftet. Er selbst ist Nummer ein! Er drückt auf den roten Knopf, der das Dorf auslöscht! Überraschend, nicht wahr? In der Tat ist die TV-Serie bemerkenswert. Sie läßt sich keinem Genre zuordnen. Nicht Science Fiction, nicht Fantasy; schon gar keine schwarze Komödie, und erst recht nicht ein Polit-Thriller wie “Z” von Costa-Gavras, obwohl doch von allem ein wenig dabei war. “Nummer sechs” war Fernsehen, das anders war. Die Serie lief keinen Trends hinterher, sie mag vielleicht versucht haben, einen Trend zu etablieren, dem jedoch aufgrund der Genialität des Stoffs keine weitere Serie hinterherlaufen konnte.
Übrigens: während der Produktion der Serie wurde der Ort der Dreharbeiten streng geheim gehalten. Findige Fans  von “Nummer sechs” haben den Ort es Geschehens trotzdem ausfindig gemacht: das Dorf Portmeirion in Wales. Auch mehr als 35 Jahre nach den Dreharbeiten, wundert sich dort Mensch, wenn neugierige Touristen Fragen zu “Nummer sechs”, der Kultserie aller Kultserien, stellen. Auch ein virtueller Besuch des Dorfs ist möglich unter http://www.portmeirion.wales.com

Info

Von 1967 bis 1968 wurde 17 Folgen á 55 Minuten gedreht.
Stammbesetzung: Patrick McGoohan (Nummer sechs)

McGoohan hatte auch die Idee zur Serie und führte in den Folgen 4, 7, 11, 16 und 17 auch Regie.